Warum haben wir die Ratssitzung am 15.12.20 verlassen?

„Kasperletheater“ und „Mehrheit ist Mehrheit“, so die Kommentare in Zeitung und sozialen Medien auf unseren Auszug aus der Ratssitzung. Was war geschehen?

Wir hatten für diese Ratssitzung einen Antrag gestellt, das Thema „Beigeordneter“ an diesem Abend im Rat zu diskutieren. Dieser Antrag war auch auf der Tagesordnung des Rates vorgesehen. Eine Mehrheit des Rates, nämlich CDU und SPD hat dann aber zu Beginn der Sitzung diesen Punkt wieder von der Tagesordnung genommen, so dass uns eine Stellungnahme und Begründung des Antrags nicht möglich war.

Ja gut, Mehrheit ist Mehrheit, da habt ihr eben Pech gehabt, da müsst ihr dann mit leben – sagen jetzt viele!

Mehrheit ist Mehrheit? Ja, in manchen Ländern, auch in Europa, gilt das. Mit der Folge, dass die Opposition dort meistens nichts mehr zu sagen hat, abweichende Meinungen unterdrückt werden können.

In Deutschland ist das glücklicherweise anders! Hier sind die Rechte der Minderheit, der Opposition gesetzlich geregelt. Das gilt auch für die Gemeinderäte, auch in Monschau.

Für die Gemeinderäte gilt bei uns die Gemeindeordnung NRW (GO NRW). Der § 48 dieser Gemeindeordnung legt die Regeln für die Ratssitzungen fest. Und dort heißt es in Absatz 1:

„Der Bürgermeister setzt die Tagesordnung fest. Er hat dabei Vorschläge aufzunehmen, die ihm … von … einer Fraktion vorgelegt werden

Heißt also, wenn eine Fraktion, egal ob Mehr- oder Minderheit, eine Sache im Rat behandeln will und dies dem Bürgermeister rechtzeitig schriftlich mitteilt, dann muss diese Sache in die Tagesordnung aufgenommen werden.

Aber darf dieser Tagesordnungspunkt dann – gegen den Willen der Antragstellerin – durch die Mehrheit wieder abgesetzt werden?

Da ist das Gesetz (wie so oft bei Gesetzen) nicht ganz klar. Aber es hat dazu schon Gerichtsverfahren gegeben. Und es gibt dazu auch eine „höchstrichterliche“ Rechtsprechung, in dem Fall durch das Oberverwaltungsgericht Münster (das ist die höchste Instanz für solche Fragen in NRW) aus dem Jahr 1988 (OVG Münster, 21.12.1988, Az.: 15 A 951/87).

Und in diesem Urteil schreibt das OVG Münster u.a.:

„… Soll das so ausgestaltete Initiativrecht [Vorschlagsrecht zur Tagesordnung] sich nicht in einer Formalie ohne inneren Sinn erschöpfen, so darf es den Fraktionen nicht verwehrt werden, ihre Vorschläge vor einer etwaigen Entscheidung über deren Absetzung von der Tagesordnung in angemessenem Umfang mündlich zu erläutern. Das Initiativrecht dient dem Minderheitenschutz .. und soll gewährleisten, daß die politischen Vorstellungen auch der kleinen Fraktionen vor den Rat gebracht werden können … Hieraus folgt zugleich, daß es im Grundsatz der antragstellenden Fraktion überlassen bleiben muß, ob sie statt (oder neben) einer schriftlichen Begründung ihrer Vorschläge (auch) eine mündliche Erläuterung in der Ratssitzung geben will. …“

Nach unserer Interpretation dieses Richterspruchs bedeutet das, dass die Absetzung unseres Antrags von der Tagesordnung eindeutig gegen diese Rechtsprechung verstößt und aus diesem Grund rechtswidrig war! Wir haben deshalb diesen Vorgang auch der Kommunalaufsicht bei der Städteregion zur Prüfung vorgelegt.

Wenn aber der Beschluss rechtswidrig war, dann hätten wir möglicherweise diese Rechtswidrigkeit dadurch „geheilt“, wenn wir trotzdem an der Ratssitzung teilgenommen hätten. Und deshalb blieb uns letztlich gar keine andere Wahl, als die Ratssitzung zu verlassen und damit unseren Widerspruch zu der – wie gesagt aus unserer Sicht – rechtswidrigen Beschlussfassung zu dokumentieren.